Montag, 4. Oktober 2010

Don't believe the hype (II) - Ich und Du, wir sind zu

- Der Hype-Sound im weiteren Sinne -

Nach all den Bands, die wirklich gleich klingen, möchte ich mich nun den Assoziierten zuwenden. Leider nicht den Associates, sondern bloß den Gruppen, die zwar nicht wie rockigere, verhallte Dolly Mixture mit überwiegend langweiligen Liedern klingen, die ich aber trotzdem in einen klanglichen Ähnlichkeitsraum mit den Dum Dum Girls und all den anderen stecken würde.


Ich hatte ja im gestrigen Artikel die Crystal Stilts und Surfer Blood erwähnt - freilich schon so etwas wie Vorder- und Hintertür des Ähnlichkeitsraumes. Mit letztgenannter Band möchte ich gerne beginnen, um von den leichtfüßigsten Songs sukzessive zu jenen zu kommmen, die bei Kerzenlicht reglos in einem zu kalten, mit rotem Samt ausgekleideten Raum auf einem Diwan mit Brandlöchern liegen.


Wellenreiterblut

Surfer Blood also. Mal wieder Strandsemantik und mal wieder die analogen Hallmaschinen auf elf gedreht. Das und die Stimme des Sängers - wahrscheinlich eher, wie sie aufgenommen ist - gibt schon genug her, mich in Versuchung zu führen, sie als "schon wieder diese Band" abzuspeichern. So weit ist es mit mir schon gekommen: ich mag einen Sound, aber da dieser von zu vielen Bands ohne richtige Lieder vertreten wird, meide ich fast schon die guten Bands, die ihn nutzen. Zum Glück habe ich noch ein zweites Mal hingehört - bereits beim ersten Male war mir aufgefallen, daß Surfer Blood irgendwie anders sind, aber ich zog es dann zunächst doch vor, mich um andere Musik zu kümmern. Dabei sind Surfer Blood tatsächlich mal eine Band, bei der diese klangliche Strategie vollkommen Sinn macht. Die haben nämlich fürwahr feine Lieder, die durch die Abmischung nicht plattgemacht werden, bei denen die Produktion nicht gegen die Songs arbeitet, sondern mit ihnen. Während es bei vielen anderen Bands doch eher so scheint, als schrieben sie Lieder, um einen bestimmten Sound auf Platte zu bannen, greifen hier Songwriting und klangliche Gestaltung ineinander. Surfer Blood können Hardrocksongs spielen, die kein Stück rock klingen. Und kein Stück hart as in "breitbeinig". Weezer, Of Montreal und The Shins denke ich da, doch ich höre sie nicht. Dafür noch andere Sachen. Und ich sehe einen kalifornischen Strand in den Siebzigern. Und Love & Rockets-Comics, nur in Farbe und mit einer Kamera aus den Sechzigern aufgenommen. Man kann aus Verhallten und verzerrten Gitarren soviel mehr herausholen, als die meisten es tun - q.e.d. Surfer Blood machen schöne Musik.


Eine weitere Band mit dem Meer im Namen, Lo-Fi-Ästhetik und Hallgeräten sind die Wavves. Surf Punk im besten Sinne, ich fühle mich, als hörte ich das ausgeleierte Tape, auf das ich mir von meinem Bruder einen Surfpunk-Sampler von LP überspielt habe. Vor mindestens 15 Jahren. Psychotic Youth waren darauf. Und The Crowds "Dig Yourself". Ich habe dieses Tape geliebt und die Wavves machen mir durchaus Spaß. Und kommen im Gegensatz zu Surfer Blood auch so richtig aus Kalifornien. (Okay, Surfer Blood sind aus Florida, das tut's wohl auch...)



Kristallstelzen und so

Fahion victims? Frankie Rose & The Outs wurden mir neulich empfohlen, und es sollte an dieser Stelle heißen: "und das gar nicht einmal zurecht". Doch irgendwie bringe ich das nicht fertig. Denn die Band ist gar nicht böse. Und wer sie hört, ist bestimmt auch auf der Seite der Guten. Es ist ja bloß so: wenn man The Jesus And Mary Chain mag, Air Miami liebt und noch ein paar andere Shoegazeplatten im Regal hat, fragt man sich, wofür man das eigentlich noch braucht. Vielleicht ja für einen sonnigen Herbsttag. Es ist schon irgendwie die x-te Shoegaze/Dreampop-Band mit 60's-Girlgroup-Einflüssen und zahlreichen raren Zerr- und Hallgeräten. Kein großer Pop freilich, aber immerhin klingen die Melodien. Manchmal zerbrechen sie am Sound, manchmal bleiben sie bestehen. Und machmal ist es doch bloß "dieser Sound schon wieder".

Der Sound hat sich bei den Crystal Stilts schon ein wenig verändert. Und das ist ja auch ganz gut so, finde ich - haben mich die mich doch immer ganz kolossal gähnen lassen. Neulich regte sich dann ein wenig Hoffnung, als ich nämlich das Vergnügen hatte, in ein paar neue Stücke hereinzuhören. Und das klang eigentlich gar nicht schlecht, doch es war zu geselliger später Stunde und zwischen den Crystal Stilts aus den Boxen und meinen Ohren bauten moussierende Gespräche einen Wall of Sound auf. Was ich aber mit Bestimmtheit sagen kann, ist, dass die Produktion von Gary Olson, dem alten Schwarzgurtträger von den ehrwürdigen The Ladybug Transistor ihnen äußerst gut bekam. Doch wie gesagt - die Erinnerung ist getrübt. Und die ersten beiden Zeugnisse von der Platte, die jetzt im Netz stehen, sind so auregend nicht. "Magnetic Moon" klingt wie die Doors, was selten ein Kompliment sein kann und auch an dieser Stelle auch keines ist; das andere Lied klingt annehmbar, doch hier ist es vor allem die Produktion, die schön ist. Aber vielleicht kommt da ja noch etwas. Doch hören Sie selbst:



Die Zukunft

Viel schöner als die bedröhnten Bands der Gegenwart klingt in meinen Ohren Die Zukunft, wenn die Allstarband von Bernadette Hengst, Knarf Rellöm und Big Olifr M. Guz einen Titel von Michael Hall covert. Allerdings nur den Titel ("Let's Take Some Drugs And Drive Around") - das Lied ist ein anderes. Hier wird nicht aktiv Langeweile generiert, sondern nur über sie gesungen - der hervorräkelndste Meta-Langeweile-Song seit langem:

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